Heute ging es für mich weiter in Richtung Chimbote. Ich fuhr weiterhin die Panamericana in Richtung Süden. Der heftige Wind setzte mir und dem Bike auf der ungeschützten Strecke ordentlich zu. Schlimmer waren aber die extrem aggressiv fahrenden Lkw-Fahrer, die scheinbar nur wenig Respekt vor mir als Motorradfahrer hatten, Eine gute Portion Antizipation und vorausschauendes Fahren sind auf der Hauptroute der Panamericana überlebenswichtig.
Mein Ziel war eigentlich eine Unterkunft an der Playa Tortugas. Dort angekommen realisierte ich aber schnell, dass es hier preislich zu teuer für mich war und ich fuhr weiter nach Casma. Die Kleinstadt liegt nur wenige Kilometer hinter Chimbote und ist nicht sonderlich spektakulär.
Allerdings fand ich hier eine günstige Unterkunft im Stadtzentrum. Ich schlenderte ein wenig umher und da ich ansonsten nicht viel zu tun hatte wohnte ich einem Gottesdienst in der lokalen Kirche bei. Hin und wieder besuchte ich ganz gerne einen Gottestempel während meiner Reise. Hier kann man gut die ruhige Atmosphäre abseits vom lauten Alltag genießen.
Die Menschen sind in Südamerika sehr viel gläubiger im Vergleich zu Deutschland, wo der Zulauf zu den Glaubensgemeinschaften stetig abnimmt. Dies kann ich gut nachvollziehen, denn der Alltag ist für viele Menschen in Südamerika sehr viel härter als im verwöhnten Deutschland.
Weiter ging die Reise von Casma nach Caral. Nach meinen bescheidenen Erfahrungen mit den Städten an der Panamericana wollte ich einfach mal wieder in einer entspannten Atmosphäre übernachten. Im Internet stieß ich auf die Homepage von „Caraltambo“, einer perfekten Alternative ca. 30 Kilometer abseits der Panamericana in Richtung Inland.
Dort wollte ich Scott, einen Wissenschaftler aus Lima besuchen, der dort ziemlich abseits in der Pampa lebt. Er arbeitet hier in einem Projekt der historisch bekannten Stätte „Caral“ und dessen alten Pyramiden.
Meine Anreise nach Caraltambo war ziemlich abenteuerlich. Irgendwo gab es ein kleines Schild, auf dem die Location ausgezeichnet war. Ich folgte diesem, landete aber Mitten im Nirgendwo.
Ich fragte einige Locals, aber alle reagierten mit einem Achselzucken. Ich entschied mich schließlich dazu ins kleine Dorf Caral zu fahren, um mich hier umzuhören. Kaum zu glauben, aber hier gab es tatsächlich jemanden, der den Weg zu Scott kannte. Ihm war es aber wohl zu anstrengend mir die Route zu erklären. Und so schwing er sich auf sein Motorrad und signalisierte mir ihm zu folgen.
Nach einer zehnminütigen Fahrt landeten wir an dem Haus einer lokalen Familie, wo wir unsere Motorräder abstellten. Von hier aus ging es nur noch zu Fuß weiter. Mein peruanischer „Reiseführer“ gab nach einigen Metern komische Begrüßungslaute von sich und er erhielt prompt eine Antwort.
Scott kam uns von seinem Grundstück entgegen gelaufen und wir begrüßten uns lächelnd per Handschlag.
Ich hatte Caraltambo tatsächlich gefunden. Scott berichtete, warum es so schwierig ist sein Grundstück zu erreichen. Die Überschwemmungen des nahe gelegenen Flusses hatten in jüngster Zeit so einige Verwüstungen hinterlassen, so dass keine Zufahrt zu seinem Gebiet existierte.
Nach der Begrüßung zeigte mir Scott sein Grundstück. In seiner Küche, die ein wenig an eine Kunstsammlung erinnerte, unterhielten wir uns bei Cola mit Rum über Gott und die Welt. Scott ist nicht nur sehr nett. Er ist auch ein höchst außergewöhnlicher Gesprächspartner, der viele interessante Geschichten auf Lager hatte.
Wir merkten schnell, dass die Chemie zwischen uns stimmt und wir freundeten uns rasch an. Ich war froh Scott und sein Heim gefunden zu haben. Hier hatte ich Ruhe abseits der hektischen Küstenroute. Sein Grundstück teilte Scott mit seinen 7 Hunden inklusive des deutschen Labradors namens „Fritz“ sowie einigen umher laufenden Hühnern.
Eigentlich war ich davon ausgegangen, dass ich vor Ort noch auf weitere Reisende treffen würde. Aber Caraltambo war so abgelegen, dass es hier nur selten jemanden hin verschlägt. Gut für mich, denn so ich hatte meine Cabinas ganz für mich alleine.
Mein Motorrad ließ ich einige Hundert Meter entfernt bei dem freundlichen Nachbarn stehen und ich erhielt die Antwort „… si si! Seguro!…“ Die Leute hier auf dem Land waren auch wieder viel netter als die Menschen in der Stadt.
Kurz vor der Dämmerung entführte mich Scott auf einen kleinen Turm, auf dem ein Behälter für die Wasserversorgung installiert war. Von dort hatte man eine super Aussicht über das komplette Gebiet und wir genossen gemeinsam den einzigartigen Sonnenuntergang.
Anschließend gab es etwas Leckeres zum Abendessen. Nach einer traumhaft ruhigen Nacht ging ich am nächsten Tag die historischen Stätten von Caral besuchen. Mit gut 60 Hektar handelt es sich um ein riesiges Gebiet. Es entstand vor ca. 5000 Jahren und ist damit die älteste Siedlung auf dem gesamten amerikanischen Kontinent. Caral entstand somit in der gleichen Zeit wie die Städte in Mesopotamien und Ägypten.
Zum Glück waren kaum Touristen vor Ort und ich genoss die Wanderung durch das riesige Areal. Hin und wieder legte ich eine Rast ein, um mich mit einigen lokalen Familien zu unterhalten.
Die Pyramiden von Caral sind ebenso wie Chan Chan durch den ständigen Wind und Regen vom Verfall betroffen. Zurück in der Unterkunft kochte ich mit Scott Thunfisch mit Süßkartoffeln und Zwiebeln und wir philosophierten noch bis spät in die Nacht hinein.
Am nächsten Morgen machte ich mich auf nach Lima, da ich dort einen Termin und etwas wichtiges zu erledigen hatte. Scott begleitete mich noch zu seinem netten Nachbarn, auf dessen Grundstück ich mein Motorrad geparkt hatte.
Nach einem letzten Schnack verabschiedete ich mich herzlich von Scott und bedankte mich für die schöne Zeit. Der Kurztripp dauerte zwar nur 2 Tage, er war aber dafür um so intensiver. Scott ist ein phantastischer Mensch mit einem großen Herzen und ich konnte behaupten einen neuen Freund gewonnen zu haben. Gracias para todo mis amigo!!