Ayahuasca und die Reise nach Iquitos – Teil II Ayahuasca Zeremonie in Ecuador

Der 27. März 2017 war mein großer Tag und er sollte sich nachhaltig in mein Gedächtnis einbrennen. Das erste Mal in meinem Leben durfte ich an einer schamanischen Ayahuasca Zeremonie teilnehmen. Diese wurde im ecuadorianischen Dschungelgebiet Sucumbíos abgehalten.

Am Tag der Zeremonie war ich sehr aufgeregt. Was würde mich wohl während der Ayahuasca Zeremonie erwarten? Würde ich den Weg in die wahre Wirklichkeit erkennen oder würde ich etwa von der Dschungel-Liane verschlungen werden? Und wie würde sich die Zeremonie auf mein Leben danach auswirken?

Ayahuasca Erfahrung

Entspanntes Beisammensein am Morgen vor der Zeremonie

Um nicht komplett verrückt zu werden versuchte ich aus dem Gedankenkarussell auszusteigen. Ich verbrachte den Tag mit den Jungs aus Bogotá, mit denen ich gemeinsam die Maloka bemalen durfte. Einige Stunden vor Beginn des Rituals gab es noch ein kleines gemeinsames Essen, an dem auch Taita Lucitante teilnahm. Ihn sollte ich von nun an bis zum Zeremoniebeginn aber nicht mehr zu Gesicht bekommen.

Mit dem Eintritt der Dämmerung machten wir uns dann in Richtung Maloka auf. Diese lag einige Meter vom Haus des Schamanen entfernt mitten im Regenwald. Nach und nach suchte sich jeder ein lauschiges Plätzchen und alle begannen damit ihre Hängematten aufzuhängen. In der Maloka gab es eine Trennung in einen Männer- und Frauenbereich.

Die Zeremonie selber sollte eine wirklich große werden, an der über 40 Personen teilnahmen. Hierunter befanden sich 5 Schamanen. Ich war überrascht, dass sogar Kinder der Zeremonie beiwohnten. Die Dschungel-Kids werden schon früh an die Regenwald-Medizin herangeführt.

Nun machte ich es mir in meiner Hängematte bequem. Meine Anspannung nahm nun immer mehr ab und wurde von einem Gefühl der Fokussierung und Vorfreude überlagert. Neben mir hatte sich ein deutscher Ingenieur niedergelassen, der die indigenen Stämme bei technischen Projekten unterstützte und so zu deren Weiterentwicklung beitrug. Langsam aber sicher brach die Dunkelheit über den Regenwald herein und ich konnte förmlich spüren, wie die Energien innerhalb der Maloka stärker wurden.

Ayahuasca Zeremonie Ecuador

Vor der Ayahuasca Zeremonie

Die Ayahuasca Zeremonie beginnt

Gegen 22 Uhr Abends war es dann endlich soweit und ich wurde zu Taita Lucitante gerufen. Er musterte mich nochmals kurz von Kopf bis Fuß und überreichte mir anschließend eine heiße Tasse mit dem dampfenden Ayahuasca-Sud. Das Gebräu schmeckte nicht sonderlich gut und ich würgte es in einem Zug hinunter. Nun war mir auch klar, warum die Schamanen Ayahuasca als Medizin bezeichnen. Es schmeckt wie eine Art Kindermedizin, die man nur ungern trinken möchte.

Nachdem ich die übel schmeckende Flüssigkeit heruntergewürgt hatte pflanzte ich mich wieder in meine Hängematte und harte den Dingen, die da kommen sollten. Aber zunächst geschah erst einmal gar nichts. Nach einer Weile fragte mich mein Hängemattennachbar, ob wir nochmals einen weiteren Schluck trinken sollten. Aus meiner bisherigen Erfahrung im Umgang mit psychoaktiven Substanzen flüsterte mir mein Bauchgefühl aber besser noch abzuwarten.

Doch dann, ganz plötzlich und wie vom Blitzschlag getroffen ging die „Reise“ los und die Medizin entfaltete ihre volle Wirkung. Ich fühlte mich zunächst wie auf einer Achterbahn, die langsam anrollte, um dann urplötzlich im 90-Grad-Winkel mit rasender Geschwindigkeit bergab zu stürzen. Für einen Moment wollte ich wieder aus der Achterbahn aussteigen, aber ich hatte meine Entscheidung bereits gefällt und somit gab es auch kein zurück mehr. Ich realisierte ohnehin sehr schnell, dass es zwecklos war gegen die Medizin anzukämpfen. Denn Mutter Ayahuasca ist um ein vielfaches stärker und du musst bereit sein sämtliche Kontrolle abzugeben.

Fight mit dem Jaguar

Von Beginn an hatte ich sehr starke Visionen, die durch die Energien des Dschungels potenziert wurden. Nach einer Weile blickte ich einem Jaguar sprichwörtlich ins Auge und ich begann mit ihm zu kämpfen. Beim Jaguar handelt es sich neben der Anaconda und dem Condor um eines der heiligen Krafttiere Südamerikas. Ihnen wird man in einer Ayahuasca Zeremonie mit großer Wahrscheinlichkeit begegnen.

Ayahuasca-Erfahrung Ecuador

Der Fight mit dem Jaguar

Ich merkte, wie der Jaguar an meine negativen Energien andockte und sie bearbeiten wollte. Gleichzeitig realisierte ich, dass ich nicht so viele negative Energien in mir trug. Der Fight mit dem Jaguar war sehr hart und gruselig. Ich bat ihn daher zu gehen und das tat er auch freundlicherweise 😉

Durch meine Erfahrung mit dem Jaguar ist mir bewusst geworden, wie tief und emotional eine Ayahuasca-Erfahrung werden kann. Dies gilt vor allem dann, wenn jemand viele dieser negativen Energieströme in sich trägt. Ayahuasca ist aber gerade dafür geschaffen, die Energien aufzunehmen und an ihnen zu arbeiten. Dies ist zunächst ein harter und steiniger Prozess, der aber letztlich zur Heilung führt.

Als ich den Jaguar endlich vertrieben hatte öffnete ich erleichtert die Augen. Von nun an begann der schöne Part meiner psychodelischen Erfahrung. Ich bemerkte, dass einige um mich herum ihre negativen Energien heraus kotzten, was beim Trinken von Ayahuasca aber ganz normal ist. Ich musste mich zum Glück nicht übergeben und fühlte mich sehr gut. Mit Ausnahme eines kleinen Grummelns in der Magengegend war nichts zu spüren. 

Endless Love

Ich schloß wieder meine Augen und es folgten weitere Visionen, die magisch und wunderschön waren. Ich spürte so viel bedingungslose Liebe, wie ich sie noch nie zuvor in meinem Leben gespürt hatte. Ich konnte fühlen, dass wir alle göttliche Wesen sind. Und das jeder für sich einzigartig ist und das Gott uns genau so liebt, wie wir sind. Außerdem spürte ich, dass es im Universum keine Trennung gibt, wie es uns unser Gehirn suggeriert. Menschen, Tiere, Pflanzen und das gesamte Universum gehören zusammen. Alles ist eins!!

In einer meiner Visionen sah ich plötzlich eine Art Himmelspforte. Es war ein riesiges helles Tor, vor dem sich einige Menschen versammelt hatten. Ich versuchte weiter auf das Tor zuzugehen, doch es gelang mir nicht. Scheinbar hatte der Dschungel-Gott für mich noch einen anderen Weg in der materiellen Welt vorgesehen 😉

Ich öffnete wieder meine Augen und dachte, dass es ganz schön wäre, nun eine Zigarette zu rauchen. In diesem Augenblick reichte mir der Sohn des Schamanen eine Schachtel mit Zigaretten herüber. Es war wie eine Gedankenübertragung und ich kann mir diesen Moment bis heute nicht erklären. Mein Nachbar blickte ein wenig neidisch zu mir rüber. Genüßlich zündete ich mir die Kippe an und es sollte die beste Zigarettenpause meines Lebens werden.

Während ich so vor mich her paffte entdeckte ich einen der Schamanen, der ungefähr 2 Meter vor mir in der Mitte des Ganges auf einem Plastikstuhl saß. Der Schamane war schon recht alt und die Silhouette seines Gesichts mitsamt der dicken Nase erinnerten mich mit verblüffender Ähnlichkeit an den Comic-Helden „Popeye“ 😉

Ich widmete meine Aufmerksamkeit für eine Weile dem Schamanen und sah ihm bei der „Arbeit“ zu. Der Schamane war in traditionelle bunte Kleidung gehüllt und führte vor meinem Angesicht Heilungen durch. Eine schwangere indigene Frau saß kniend und mit dem Rücken zugewandt vor ihm. Der Schamane sang permanent Lieder in der traditionellen indigenen Sprache Quechua, behandelte Rücken und Kopf der Frau mit einem aus Blättern geformten Fächer und hüllte sie in Zigarettenrauch, den er stoßförmig aus seinem Mund pustete.

Auch ich wurde vor der Zeremonie gefragt, ob ich gerne an einem Heilungsritual teilnehmen wolle. Ich zog es bei meiner allerersten Ayahuasca Erfahrung aber vor keine Heilung zu empfangen und mich auf meine eigene Erfahrung zu fokussieren. Ich hatte ein wenig Panik einem emotionalen Overload ausgesetzt zu sein.

Durch den Zigarettenrauch des Schamanen hatte sich inzwischen ein ziemlicher Dunst um mich herum ausgebreitet. Die Söhne von Taita Lucitante, Alex und Wilmer, unterstützten die Schamanen bei deren wirken.  Da es stockfinster war orientierten sie sich in der Maloka mit Taschenlampen. Durch das ein- und ausschalten der Lampen wurde die Finsternis blitzförmig zerteilt und die arbeitenden Schamanen tauchten aus der Dunkelheit immer wieder auf. Diese ganze Szenerie mit dem Dschungel im Hintergrund war surreal und magisch zugleich. Teilweise wusste ich nicht, ob nur träumte oder diesen Moment tatsächlich erleben würde.

Irgendwann klopfte jemand an meine Schulter. Es war German, einer der Jungs aus Bogotá. Er fragte mich, ob ich einen weiteren Becher der Ayahuasca Medizin trinken wolle. Ich dachte mir „Why not“ und folgte ihm zum Taita. Dort angekommen realisierte ich dann aber, dass ich noch mitten im Rausch war.

Als ich aufblickte sah ich, wie sich German mit dem Taita unterhielt und sie Scherze machten. Ihre Gesichter sahen aber nicht gewöhnlich aus, sondern eher wie aus einem Auszug aus „Der Planet der Affen“. Mit den Worten „No mas, no mas … “ signalisierte ich, dass ich keine weitere Tasse trinken wollte und sammelte mich zunächst auf einer angrenzenden Holzbank. Als ich mich im Stande fühlte aufzustehen torkelte ich wieder zu meiner Hängematte und ich war sichtlich erleichtert in der gewohnten Umgebung angekommen zu sein.

Die großen Lebensfragen

Entspannt schloss ich wieder die Augen und es folgten weitere Visionen. Ich erinnerte mich daran, dass ich Mutter Ayahuasca ja noch ein paar Fragen stellen wollte. So etwas, wie die großen Fragen des Lebens, die sich wohl jeder irgendwann einmal stellt und auf die ich schon seit geraumer Zeit eine Antwort suchte. Ich stellte die Fragen und wurde tatsächlich erhört. Die Antworten erfolgten aber nicht wie bei einem Dialog zwischen Menschen. Vielmehr waren sie verpackt in den bunten Visionen und mit ein wenig Kreativität gelang es diese zu entschlüsseln.

In den nächsten Stunden wechselten sich ständig Trance- und Wachphasen miteinander ab. Ich wachte immer wieder auf, nachdem das laute Stöhnen einer indigenen Frau die Maloka durchdrang. Dies war wohl ein Ausdruck massiver weiblicher Energie. Als der Rauschzustand nach einigen Stunden langsam nachließ, entschloss ich ich doch noch einmal eine Tasse des Zaubertranks zu schlürfen. Allerdings war dieser bereits erkaltet und die Wirkung nur noch schwach.

Langsam ging die Sonne über dem Regenwald auf. Ich murmelte mich aber nochmal in meine Alpaka-Decke ein, um das wundervolle Gefühl dieses Morgens zu konservieren. Ich erinnere mich, dass am morgen nach der Zeremonie alle entspannt waren und sehr fürsorglich miteinander umgingen. Jeder versuchte auf seine Weise das Erlebte zu verarbeiten. Während einige in den Dialog mit sich selbst gingen verarbeiteten andere wiederum ihre Erfahrungen im Austausch miteinander.

Ayahuasca Zeremonie Ecuador

Glücksgefühle am Morgen nach der Zeremonie

Ich zog mich für eine Weile weiter in den Regenwald zurück und hockte mich auf einen herumliegenden Baumstamm. Als ich in den Himmel blickte schien die aufgehende Sonne zwischen den Baukronen hindurch auf meine Stirn. Ein warmes Gefühl durchströmte meinen ganzen Körper und ich fühlte mich eins mit Mutter Natur. Nach einer Weile schlenderte ich zurück zur Maloka, die sich inzwischen schon fast gelehrt hatte. 

Ayahuasca Zeremonie Ecuador

Mein Moment im Ŕegenwald

Die Ayahuasca Zeremonie war das absolute Highlight meiner bisherigen Reise und eigentlich auch meines gesamten Lebens. Es war eine wundervolle Reise zu mir selbst, die ich niemals vergessen werde. Gerade der Kampf mit dem Jaguar hat mir gezeigt, was in mir steckt und was meine eigentliche Lebensaufgabe ist.

Es fällt mir nicht leicht die Gefühle und Erfahrungen dieser magischen Nacht in Worte zu fassen. Auch wenn ich in diesem Reisebericht versucht habe das Erlebte zu beschreiben, kann dies immer nur ansatzweise gelingen. Abschließend bin ich sehr dankbar für das Geschenk, dass mir Mutter Ayahuasca mit auf den Weg gegeben hat. Denn der eigentliche Transformationsprozeß, dass sollte mir in den  nächsten Wochen noch bewusst werden, würde erst beginnen. Wer einmal Ayahuasca getrunken hat, der weiß, dass man die Medizin für immer in sich trägt und sie dich auf alle Zeiten begleiten wird.

Ich blieb noch etwas in der Maloka, bevor ich meine Hängematte von den Holzbalken löste und zurück ins Dorf schlenderte. Dort waren alle fröhlich und es lief laute Musik. Nach dem Mittagessen packte ich meine Sachen zusammen und verabschiedete mich von Taita Lucitante und seiner Familie. Eine unvergessliche Woche in den Regenwäldern Ecuadors ging für mich langsam zu Ende. Die Menschen der kleinen Cofán-Comunidad waren mir während meines Aufenthalts sehr ans Herz gewachsen und der Abschied viel schwer.

Ayahuasca Ecuador

Letztes gemeinsames Essen und Abschied

Für mich ging es zunächst wieder zurück nach Lago Agrio und von hier aus mit dem Bus weiter ins beschauliche Dorf „Coca“. Coca war der Ausgangspunkt einer weiteren Abenteuerreise, über die ich im dritten und letzten Teil der Trilogie berichte.

Die Erlebnisse meiner Ayahausca Erfahrung habe ich in zwei Videos festgehalten. Viel Spaß!!

Was ist Ayahuasca?

Ayahuasca Erfahrung in Ecuador

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